Samstag, 25. Februar 2017

Ein Appell Michael Gorbatschows an die Welt.

Heute las ich in der Zeitung von Donald Trumps „Atomplänen“. Er will offenbar Amerika mit Atomwaffen aufrüsten, obwohl Amerika bereits jetzt über die weltweit meisten Atomwaffen verfügt. Am 20. Februar 2017 veröffentlichte das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SPIRI (Stockholm International Peace Reserching Institute) seine neueste Statistik. Es stellte fest, dass die USA zwischen 2012 und 2016 beinahe ein Drittel aller Waffenexporte zu verantworten haben. Von 2007 bis 2011 stiegen die US-amerikanischen Waffenexporte um 21 Prozent. Die Hälfte der exportierten Waffen ging laut SPIRI in den Mittleren Osten. An zweiter Stelle der Waffenexporteure steht Russland, an dritte Stelle China, an vierter Stelle Frankreich und an fünfter Stelle Deutschland. Zusammen exportieren diese fünf Länder 74 Prozent aller Waffen. Dabei stellt das Institut fest, dass nur in Deutschland die Waffenexporte in der Fünf-Jahres-Periode von 2007 bis 2012 abgenommen hätten, und zwar um 36 Prozent. Beunruhigend ist dabei eine Aussage, die ich der Webseite des Friedensinstituts entnehme:

Middle East: arms imports almost double
Between 2007–11 and 2012–16 arms imports by states in the Middle East rose by 86 per cent and accounted for 29 per cent of global imports in 2012–16.
Saudi Arabia was the world’s second largest arms importer in 2012-16, with an increase of 212 per cent compared with 2007–11. Arms imports by Qatar went up by 245 per cent. Although at lower rates, the majority of other states in the region also increased arms imports. ‘Over the past five years, most states in the Middle East have turned primarily to the USA and Europe in their accelerated pursuit of advanced military capabilities’, said Pieter Wezeman, Senior Researcher with the SIPRI Arms and Military Expenditure Programme. ‘Despite low oil prices, countries in the region continued to order more weapons in 2016, perceiving them as crucial tools for dealing with conflicts and regional tensions.’[1]

Mit 212 Prozent mehr Waffenimporten in den Jahren 2012 bis 2016 ragt Saudi-Arabien besonders bedrohlich aus dieser Gruppe heraus. Auch der Iran rüstet kräftig auf, obwohl er in dem Report merkwürdigerweise überhaupt nicht erwähnt wird. Das schiitische Land, das sich mit dem sunnitischen Saudi-Arabien um die Vormachtstellung im Mittleren Osten „streitet“, bezieht seine Waffen vermutlich aus Russland und China, während sein „Erzfeind“ Waffen aus den USA und aus Deutschland importiert.
Am 23 Februar 2017, dem 72. Jahrestag der Bombardierung der drei süddeutschen Städte Crailsheim, Schwäbisch Hall und Pforzheim, entdeckte ich in der renommierten Haller Buchhandlung Osiander ein dünnes Büchlein, das ich mir für sieben Euro kaufte. Sein Titel: „Ein Appell von Michael Gorbatschow an die Welt – Kommt endlich zur Vernunft – NIE WIEDER KRIEG!“ (Benevento Publishing, Wals bei Salzburg, 2017).
Michael Gorbatschow schreibt im Vorwort des Interviews, das er im November 2016 mit Franz Alt in Moskau führte, folgende Sätze:
„(…) Die Menschen sind besorgt wegen der Spannungen in der Welt. Doch nicht weniger besorgt sind sie um ihre eigene Lage und Perspektive. Denn das eine hängt mit dem anderen unmittelbar zusammen.
Selbst in den hochentwickelten Industrienationen zeigt sich die Mittelklasse, der Motor jeder erfolgreichen gesellschaftlichen Entwicklung, mit ihrem Leben unzufrieden. Immer häufiger unterstützen Wähler Populisten, die auf den ersten Blick einfache, in Wirklichkeit aber gefährliche Lösungen bieten.
Die Urheber undurchsichtiger Finanzstrukturen hingegen, die niemandem Rechenschaft ablegen müssen, haben sich sehr rasch an die Globalisierung angepasst und profitieren davon. Sie erzeugen eine Blase nach der anderen und machen Milliarden – buchstäblich aus Luft! Diese Milliarden stehen dann einem immer enger werdenden Kreis an Personen zur Verfügung, die sich deren Versteuerung entziehen. In jüngster Zeit wurden wir Zeugen neuer Enthüllungen, die das belegen. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs… Abgesehen davon haben sich die organisierte Kriminalität, Drogen- und Waffenhändler, Schleuserbanden, die aus den Migrantenströmen Kapital schlagen, Cyber-Kriminelle und vor allem Terroristen in der globalisierten Welt längst eingerichtet. Sie fühlen sich darin wohl und sicher.
Auf keine dieser Herausforderungen hat die Weltpolitik eine wirksame Antwort geliefert. Inzwischen ist eine neue Runde des Wettrüstens gestartet worden, die Umweltkrise verschärft sich, die Kluft zwischen den reichen und den armen Ländern wird immer größer und die Schere zwischen Arm und Reich innerhalb der Staaten öffnet sich immer weiter. Das sind Probleme, die ganz oben auf der Weltagenda stehen sollen und müssen. Doch sie werden nicht gelöst. Sackgassen überall, wohin man auch schaut.
Eigentlich könnte man davon ausgehen, dass es ausreichend Möglichkeiten und Instrumente gibt, um mit diesen Problemen fertig zu werden. Da sind die seit Langem bestehenden UN-Organisationen, aber auch die G-20, die vor nicht allzu langer Zeit zur Bewältigung der neuen Herausforderungen ins Leben gerufen wurden. Doch kaum jemand kann ihre Tätigkeit als Erfolg bezeichnen. Stets kommen sie zu spät, stets bleiben sie hinter der realen Entwicklung zurück.
Fest steht: Wir haben es mit einer Krise politischer Führung zu tun. International wie auch national. Die Politiker sind voll und ganz mit „Löscharbeiten“ beschäftigt, mit dem Tagesgeschäft, mit den aktuellen Krisen und Konflikten.
Doch selbst wenn es gelingen sollte, die schweren Krisen von heute beizulegen, wird das zwar ein wichtiger, jedoch nur ein erster Schritt sein auf dem Lernweg hin zum Leben in einer globalisierten Welt. Diese Aufgabe ist viel komplizierter und anspruchsvoller.
Ohne den globalen Kontext ist es nicht möglich, die Ursachen und Folgen der heutigen Konflikte nachzuvollziehen und zu begreifen. Es ist nicht möglich, eine neue Agenda auszuarbeiten sowie Mittel und Wege zur Lösung von Problemen zu finden, die heute und unvermeidlich auch in Zukunft in der Welt entstehen.
Dabei kommt es darauf an, die richtigen Prioritäten zu setzen.
Das Russell-Einstein-Manifest, Olaf Palmes Idee von einer Gemeinsamen Sicherheit, John Kennedys Rede über „Frieden für alle“, die gemeinsame Genfer Erklärung der UdSSR und der USA von 1985 (bekräftigt durch die Verständigung in Reykjavik und das Abkommen über die Einstellung des atomaren Wettrüstens) – all das waren Ansätze einer Agenda, die sich der wirklich existenziellen Probleme der Weltgemeinschaft annahm.
Unter diesen Problemen gibt es nichts Wichtigeres als die Befreiung der Menschheit von den Massenvernichtungswaffen.
Dank der in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre erreichten Einigung sind bis zum heutigen Tag über 80 Prozent der damaligen Atomwaffenbestände vernichtet worden. Das ist ein enormer Fortschritt, dennoch reicht er nicht aus.
Solange es Atomwaffen gibt, bleibt die Gefahr bestehen, dass sie zum Einsatz kommen. Sei es durch Zufall, eine technische Störung oder auch einen bösen menschlichen Willen. Deshalb müssen wir das Ziel, die Atomwaffen zu verbieten und zu vernichten, mit Nachdruck weiterverfolgen. Das ist unsere Pflicht.
Ich werde nicht müde zu wiederholen: Dieses Ziel kann nur unter der Bedingung einer demilitarisierten Politik und demilitarisierter internationaler Beziehungen erreicht werden. Politiker, die meinen, Probleme und Streitigkeiten könnten durch Anwendung militärischer Gewalt gelöst werden – und sei es auch nur als letztes Mittel – sollten von der Gesellschaft abgelehnt werden, sie sollten die politische Bühne räumen.
Gewaltfreiheit in den internationalen Beziehungen und friedliche Konfliktlösung müssen im Regelwerk des Völkerrechts zu Kernpunkten werden.
Ein weiterer Imperativ unserer globalisierten Welt lautet: Politik und Ethik müssen vereint werden.
Das ist ein großes und schwieriges Problem. Es lässt sich nicht auf einen Schlag, von heute auf morgen lösen. Doch wird es nicht schon heute aufgegriffen und auf die Tagesordnung gesetzt, wird nicht hartnäckig und konsequent auf seine Lösung hingearbeitet, ist die Welt dazu verurteilt, mit immer neuen Konflikten und unlösbaren Auseinandersetzungen konfrontiert zu werden.
Besonders gefährlich in der globalisierten Welt ist die Existenz „doppelter Standards“. Es gilt, jede Möglichkeit auszuschließen, dass Staaten – angeblich aus eigenem nationalen Interesse – terroristische und extremistische Gruppierungen sowie Bewegungen aller Art unterstützen, die für einen bewaffneten Kampf und den gewaltsamen Sturz rechtmäßiger Regierungen eintreten.
In der heutigen Zeit ist ein Höchstmaß an Verantwortung erforderlich. Es gilt, Emotionen und Propaganda entschieden hinter sich zu lassen. Die jetzige Politikergeneration der führenden Staaten muss sich einiges vorwerfen lassen. Doch sie hat immer noch die Chance, einen würdigen Platz in den Geschichtsbüchern einzunehmen. Es wäre ein großer Fehler, diese Chance zu vergeben. (…)“

Das sagt ein Mann, der die Welt verändert hat. Es ist höchste Zeit, auf ihn zu hören.

Freitag, 17. Februar 2017

Afghanische Flüchtlinge und Alexander der Große

Heute hatte ich im Unterricht bei meinen Flüchtlingen ein schönes Erlebnis.
Wir sprechen seit ein paar Wochen im Chor jene Abwandlung des bekannten sokratischen Spruches, die ich irgendwo einmal aufgeschnappt habe und die ich immer wieder gerne rezitieren lasse: „Wer weiß, dass er nichts weiß, weiß mehr als der, der nichts weiß und nicht weiß, dass er nichts weiß.“ Heute habe ich aus einer Intuition heraus versucht, meinen Schülern die Herkunft dieses Satzes von dem Spruch des Sokrates zu erklären, der bekanntlich jene tiefgründige Weisheit aussprach: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“
Zuerst nannte ich den Namen „Alexander der Große“ und fragte in die Runde, ob jemand diesen Namen schon einmal gehört hatte. Ich wunderte mich, dass bei meinen Schülern, die vorwiegend aus Afghanistan und aus dem Iran kommen, nur ein betretenes Schweigen als Antwort kam. Zaghaft nickte schließlich eine junge Frau aus der ersten Reihe und murmelte, indem sie eine Hand ans Ohr hielt: „Alexander Graham Bell“. Andere nickten. Ich schüttelte den Kopf und setzte neu an. Ich schrieb „Alexander aus Mazedonien“ an die Tafel. Da leuchteten bei allen plötzlich die Augen in unbeschreiblicher Weise auf und ein freudiges Wiedererkennen ging durch die Runde. Wie aus einer Kehle erklang es: „Iskander“. Nur meine drei afrikanischen Schüler blieben bewegungs- und verständnislos.
Nun konnte ich auch die Namen der großen griechischen Philosophen nennen: Aristoteles, Plato und Sokrates. Alle drei waren bei meinen Schülern bekannt und ich spürte im Raum eine Art von strahlender Bewunderung, wie ich es nie zuvor in einem meiner Unterrichte erlebt hatte. Selbst den Ausspruch des Sokrates erkannten sie und verstanden jetzt zum ersten Mal, was ich jeden Morgen mit ihnen sprach.
Eben las ich bei Peter Bamm „Alexander oder die Verwandlung der Welt“ im letzten Kapitel folgende Zeilen:
„Alexander scheute nicht die Mühe, ein halbes Dutzend unbedeutender Burgen in den abgelegenen Tälern des Karakorum zu erobern. Jeder dieser Bergbarone war ein kleiner König. Jeder von ihnen hatte das Zeug dazu, anderntags der Führer eines neuen Aufstandes, ein neuer Spitames zu werden. Dass einer von ihnen sogar das Zeug hatte, anderntags der Schwiegervater des Eroberers zu werden, war selbst für Alexander eine Überraschung. Hier allerdings war eine Waffe im Spiel, gegen die auch der Schild des Achilleus keinen Schutz bot. Es war der Pfeil des Gottes Eros. Nach der Eroberung der Burg des Fürsten Oxyartes wurden die Gefangenen am König vorbeigeführt. Als Alexander der Rhoxane, Oxyartes‘ Tochter, ansichtig wurde, ergriff ihn übermächtige Liebe zu der gefangenen Prinzessin. Das Schicksal Andromaches, der Gattin Hektors, nach dem Fall von Troia mag ihm in den Sinn gekommen sein. Bedroht davon, in die Sklaverei verkauft zu werden, wurde Rhoxane in einem einzigen Augenblick zur Herrin des mächtigsten Reiches. Sie muss ein wunderschönes Mädchen gewesen sein. Die Chronisten erwähnen immer wieder, dass Rhoxane nächst der Prinzessin Stateira, der Tochter des Dareios, die schönste Frau gewesen sei, welche man in Asien sah. Wenn auch die Heirat mit Rhoxane nicht ganz frei von politischen Motiven war, ist es doch das einzige Mal, dass wir erfahren, Alexander habe eine Frau von Herzen geliebt.
Rhoxane hat Alexander später einen Sohn geboren. Allerdings ist er erst nach dem Tode seines Vaters auf die Welt gekommen. Er erhielt den Namen Alexandros. Dieser Prinz hat eine Zeitlang die Aussicht gehabt, der Nachfolger seines Vaters auf dem makedonischen Thron zu werden. Aber so wie Rhoxane glanzvoll aus der tiefsten Tiefe des Unglücks zur höchsten Höhe aufgestiegen war, stürzte sie von der königlichen Herrlichkeit in die Schlucht des Unglücks wieder hinab. Dreizehn Jahre nach dem Tod Alexanders  wurde sie zusammen mit ihrem Sohn in Amphipolis in Thrakien von Kassandros, einem kaltherzigen Nachfolger Alexanders in der Herrschaft über Makedonien. Aus politischen Gründen ermordet.
Auf die gewalttätigen, rauhen, trunkfesten, kampffrohen Männer der Steppe und der Berge hat ein Mann von der Art Alexanders natürlich einen außerordentlichen Eindruck gemacht. Er konnte mindestens ebenso gut trinken, reiten und schießen wie sie. Dazu war er noch vom strahlenden Glanz seiner königlichen Würde und seines weltweiten Ruhmes umgeben. Die Art, wie Alexander diese wilden Kerle behandelte, war von unübertrefflicher psychologischer Meisterschaft. Auf das geringste Symptom von Rebellion hin griff er sie an. Aber wenn er sie besiegt hatte, benahm er sich nicht, wie Sieger sich gewöhnlich zu benehmen pflegen. Er verzieh ihnen großmütig und machte sie, womöglich noch auf dem Gefechtsfeld, zu seinen Verbündeten, so dass bei diesen leidenschaftlichen, freiheitsliebenden Männern kein Gefühl der Schande und damit kein Hass zurückblieb. Man kann sich vorstellen, welche Begeisterung es bei den Aristokraten dieser wilden Welt auslöste, dass Alexander, der große ruhmreiche König, mit der Tochter eines der Ihren eine legitime Ehe einging. Sogar aus dieser von seinem Herzen diktierten Handlung erwuchs Alexander politischer Erfolg.
Von der Mischung von Respekt, Bewunderung, Furcht und Zuneigung, die Alexander in Asien genossen hat, sind Spuren bis in unsere Tage hinein erhalten geblieben. Unter den kleinen Fürsten nördlich und südlich des Hindukusch gibt es noch immer einige, die ihre Abstammung mit Stolz auf Alexander zurückführen. Reverend Joseph Wolff, der zwischen 1843 und 1845 durch Mittelasien reiste, um das Schicksal zweier in Buchara verschollener englischer Offiziere aufzuklären, entdeckte sogar in Kashgar, wohin Alexander nie gekommen ist, einen Fürsten, der glaubte, ein Nachkomme Alexanders des Großen zu sein.
An den Lagerfeuern der Nomaden ist Iskander, der sagenhafte Mann, immer lebendig geblieben.“ (Peter Bamm, Alexander  oder die Verwandlung der Welt, 1965, Knaur-Taschenbuch, 10. Auflage 1980, S 189ff)
Genau diese Bewunderung für Alexander konnte ich heute bei meinen Schülern erleben. Wie oft habe ich im Unterricht vor Waldorfschülern schon die Geschichte von Alexander erzählt! Aber nie konnte ich solche Begeisterung hervorrufen wie heute bei meinen afghanischen Flüchtlingen. Sie kommen aus Kabul, Kandahar und Herat, Orten, mit denen die meisten heute nur Terror und Tod verbinden.
Dass einige dieser Städte einmal den Namen Alexanders des Großen trugen, weiß jetzt niemand mehr. So hieß Herat einst Alexandreia Areion und Kandahar einst Alexandreia Arachoton.  In der Nähe dieser Stadt fand man die östlichste griechische Inschrift, die es auf der Welt gibt, ein in griechischer und aramäischer Sprache abgefasstes Edikt des Kaisers Asoka aus der Mitte des 3. Jahrhunderts vor Christi, ungefähr 70 Jahre nach Alexanders Tod im Jahre 323 v. Chr. In Kabul gibt es ein Museum, in dem eine Fülle von Kostbarkeiten aus der griechischen Vergangenheit des Landes ausgestellt sind.
In meinem Kurs ist auch ein Ehepaar aus Herat. Der Mann war zwanzig Jahre lang Polizist in der Stadt. Acht seiner Kollegen fielen in dieser Zeit Attentaten zum Opfer. Er selbst ist einmal nur knapp entkommen. Mit seiner Frau, einer Lehrerin, und den drei Kindern ist er vierzig Tage lang zu Fuß durch Steppen, über Gebirge und Ebenen gewandert, um nach Europa zu gelangen, von Herat durch Pakistan und den Iran bis in die Türkei. Von dort aus sind sie mit einem Schlauchboot nach Griechenland gelangt. Vermutlich hat die Familie dabei Wege genommen, die einst auch Iskander gegangen ist, allerdings in die andere Richtung.
Das älteste Kind dieser Familie geht jetzt in die zweite Klasse einer Waldorfschule und wird dort mit Sicherheit auch die Geschichte von Alexander dem Großen kennenlernen

Dienstag, 14. Februar 2017

"Die Büchse der Pandora"

Gestern Abend (14.02.2017) kam eine interessante Sendung auf SWR2. Im „Forum“ diskutierten zwei Historiker und ein FAZ-Redakteur über Lawrence von Arabien und fragten, ob er ein „Held“ oder ein „Verräter“ war: Peter Thoreau von der Universität Saarbrücken („Geschichte des Vorderen Orients“), Jörn Leonhard von der Universität Freiburg (Lehrstuhl für neuere und neueste Geschichte) und Reiner Hermann (Islamwissenschaftler).
Auch wenn die Historiker meinem Gefühl nach entweder zu sehr im Speziellen, oder aber im Gegenteil, zu sehr im Allgemeinen blieben, erfuhr ich doch ein paar wichtige Einzelheiten. Ich hörte zum ersten Mal den Namen des Journalisten Lowell Thomas, der den britischen Helden in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts durch Reportagen, Fotos und Filme bekannt machte. Auf seiner Heroisierung beruht der Mythos des Lawrence von Arabien, den der berühmte Film von David Lean 1962 aufgriff. Es war der erste Film außerhalb der Karl-May-Film-Reihe, den ich – damals auf Anregung meines Vaters – im Ellwanger Kino sah, vermutlich 1964. Ich war natürlich mit 12 Jahren noch viel zu jung, um den Film zu verstehen, aber die Bilder und viele Szenen prägten sich mir tief ein. Ich habe den Film später mindestens noch zwei Mal in restaurierten Fassungen im Kino auf der großen Leinwand gesehen und war jedes Mal begeistert von den Wüstenszenen, von der Darstellung Peter O Tooles und von der großartigen Musik Maurice Jarres.
Bei dem Forums-Gespräch wurde deutlich, wie sehr die damaligen Ereignisse in der arabischen Welt bis heute fortwirken. Es wurde vor allem auf die Aufteilung der Arabischen Halbinsel durch Sykes und Picot hingewiesen, aber auch auf das Versprechen der Briten an die Zionisten in der Balfour-Deklaration, die ihre Hoffnung nährte, eines Tages nach Palästina zurückkehren zu können.
Wir Europäer haben die Ereignisse des Ersten Weltkrieges längst vergessen. Die Araber nicht.
Lawrence von Arabien hat dazu beigetragen, dass das Osmanische Reich unterging und die Arabische Halbinsel unter Frankreich und Großbritannien aufgeteilt wurde. Ich habe mir erst kürzlich die historische Untersuchung von James Barr, „A Line in the Sand“ kommen lassen, die das Sykes-Picot-Geheimabkommen zum Gegenstand hat, das hier kaum jemand kennt, das aber meinen muslimischen Flüchtlingen ganz gegenwärtig ist. Offenbar hat auch die islamistische Terrororganisation ISIS, die ein neues „Kalifat“ errichten will, vor einiger Zeit eine Botschaft in die Welt gesandt, in der sie droht, dass sie die Grenzen von Sykes und Picot zwischen Syrien und dem Irak nicht länger akzeptieren würde.
Das Osmanische Reich umfasste damals die gesamte Arabische Halbinsel. Der Sultan von Konstantinopel herrschte über Aleppo, Damaskus, Jerusalem und sogar über Mekka. Die arabischen Stämme hörten allerdings vorwiegend auf den Scharif von Mekka. Mit diesen probte Lawrence, der die Franzosen, die Türken und die Deutschen „hasste“, den Aufstand gegen die damaligen Herrscher, die während des Ersten Weltkrieges die wichtigsten Verbündeten des Deutschen Reiches waren.
Die Diskussion hatte vor allem die Ereignisse im Blick, die in den Jahren 1916 und 1917 die Wende im Ersten Weltkrieg und die Niederlage des Deutschen Reiches einleiteten, jene verhängnisvollen „Entscheidungen“, die dann direkt zum Zweiten Weltkrieg führten.
Man kann den Zweiten Weltkrieg überhaupt nicht verstehen, wenn man nicht über jene Ereignisse und Entscheidungen nachdenkt. Aber das geschieht heute in vollkommen ahistorischer Weise immer wieder.
Gestern habe ich mir das neueste Heft „Zeit-Geschichte“ gekauft, das sich anlässlich des 75. Jahrestages der „Wannsee-Konferenz“ mit dem „Weg in den Holocaust“ beschäftigt. Allein in dem ersten Aufsatz von Mark Rosemann wimmelt es von „Konjunktiven“, „Vermutungen“ und einseitigen Geschichtsdarstellungen, die das Bild, das wir kennen, weiter zementieren und jede Frage nach den wirklichen Zusammenhängen aus der sicheren Deckung der Mainstream-Meinung ausklammert. Immerhin wird der Stuttgarter Historiker Eberhard Jäckel zitiert, der 1992 in der „Zeit“ feststellte, dass „das Merkwürdigste an jener vielgenannten Zusammenkunft (…) ist, dass man nicht weiß, warum sie stattgefunden hat.“
Aber angeblich ging es um die Planung des „ersten Genozids“, der „von einer Regierung ins Werk gesetzt“ wurde, „die mit einem demokratischen Mandat ausgestattet war“. Das ist natürlich eine vollkommene Verdrehung der Tatsachen. Zwar stimmt es, dass Hitler 1932 in demokratischen Wahlen zum Reichskanzler gewählt wurde, aber von einem „demokratischen Staat“ kann spätestens nach der kompletten Aufhebung der Weimarer Verfassung mit ihrem Grundrechtskatalog („Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“) unmittelbar nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 nicht mehr gesprochen werden. Zum Zeitpunkt der Wannsee-Konferenz, die am 20. Januar 1942 stattgefunden hat, konnte man schon lange nicht mehr von einem „demokratischen Mandat“ sprechen. Deutschland befand sich seit dem 1. September 1939 in dem „Krieg, der viele Väter hatte“ (Gerd Schultze-Rhöndorf).
Diese einseitige Geschichtsbetrachtung klammert bewusst die Vorgeschichte aus, und das ist die Geschichte des Ersten Weltkrieges. Dass diese Geschichte der Grund für das Verhängnis war, in dem sich Deutschland später wiederfand, darauf deuten schon die Titel von Geschichtsbüchern hin, die sich mit dem Ersten Weltkrieg und seiner Vorgeschichte auseinandersetzen: „Die Schalen des Zorns“ (Robert K. Massie, 1998), „Die Schlafwandler“ (Christopher Clark, 2012), „Höllensturz“ (Jan Kershaw, 2015) oder jetzt auch noch das Buch eines der drei Mitglieder der Forum-Diskussionsrunde, Jörn Leonhards „Die Büchse der Pandora“ (2015).
Die „Schalen des Zorns“ beziehen sich auf die Apokalypse des Johannes und „die Büchse der Pandora“ auf einen antiken Mythos. Pandora war die Frau des Epimetheus, des Bruders von Prometheus. Sie hat zur Hochzeit von Zeus jene Büchse geschenkt bekommen, in der alle Übel versammelt sind, und das Gebot, sie nicht zu öffnen. Das erinnert an Gottes Gebot in der Genesis, nicht vom „Baum der Erkenntnis“ zu essen und daran, dass Eva es dennoch tat. Pandora ist die griechische Eva, die natürlich sofort nach der Hochzeit die Büchse öffnete und so Krankheit, Hass, Neid und alle anderen Übel in die Menschheit entließ.
Nur die „Hoffnung“ verblieb in der „Büchse“.

Auch wenn Friedrich Nietzsche behauptet, dass die Hoffnung das Schlimmste aller Übel sei, so glaube ich doch lieber an die Verheißung des Paulus, der im Korintherbrief (1. Kor. 13) sagt, dass die Hoffnung wie der Glaube und die Liebe ewig bestehen würden.

Samstag, 11. Februar 2017

"Das Geheul"

Je mehr ich nachdenke und lese, desto mehr wird mir bewusst, dass wir durch die Wahl des neuen US-Präsidenten in ein neues Zeitalter eingetreten sind, das apokalyptische Züge anzunehmen scheint. Immer mehr bin ich der Überzeugung, dass es das „Karma der Unwahrhaftigkeit“, von dem Rudolf Steiner vor exakt 100 Jahren sprach, ist, das nun über die Menschheit hereinbricht. Dabei verdichtet sich in mir immer mehr der Verdacht, dass es vor allem einflussreiche Juden sind, die dieses Karma zu verantworten haben, so wie einst Juden für den Tod des Messias verantwortlich waren und dann 2000 Jahre lang das erfahren mussten, was sie sich selbst herbei „gewünscht“ hatten: „Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder!“ (Matth. 25,27)
Wir sind Zeugen von geschichtlichen Prozessen von biblischem Ausmaß. Immer mehr wird mir bewusst, dass alles, was in diesem Jahr viele Menschen beunruhigt, Teil der Heilsgeschichte ist. Auch wenn der israelische Ministerpräsident unmittelbar vor der Amtseinführung Donald Trumps davon sprach, dass die „alte Welt untergehen wird“, so glaube ich doch fest daran, dass aus dieser Menschheitskrise schlussendlich etwas Positives hervorgehen wird. Nach der „Zerstörung der jetzigen Gesellschaft“ (Steve Bannon) wird eine neue Welt entstehen, vermutlich allerdings zuerst nur die „Schöne neue Welt“, die Aldous Huxley in seinem gleichnamigen Roman beschrieben hat. Der Zukunfts-Roman seines Kollegen George Orwell, „1984“, erfährt in diesen Tagen neues Interesse und klettert erstaunlicherweise auf die ersten Plätze der Bestseller-Listen.
Gestern Abend zeigte 3SAT im Rahmen einer Filmreihe, die im Zusammenhang mit der am Donnerstag eröffneten 67. Berlinale, dem nach Cannes zweitwichtigstem Kino-Filmfestival, steht, einen Berlinale-Filmbeitrag aus dem Jahre 2010: „Howl“ von Rob Epstein (Regie) und Jeffrey Fiedman (Drehbuch).
Der „experimentellle“, biografische Film spielt auf zwei Ebenen: in Schwarz-weiß-Bildern sieht man, wie Allen Ginsberg sein langes, vierteiliges Gedicht „Howl“ vorträgt. Das war am 7. Oktober 1955 in einem Club in San Francisco und die „Performance“ ist bekannt geworden unter dem Namen „Six Gallery Reading“. In der zweiten Ebene wird in farbigen Bildern der Prozess gezeigt, der zwei Jahre später, also 1957, wegen „Obszönitäten“, die das Gedicht enthielt, exemplarisch vor einem Gericht in San Francisco gegen den Verleger Lawrence Ferlinghetti geführt wurde.
Der jüdische Autor Allen Ginsberg (1926 – 1997) gilt zusammen mit seinen Freunden Jack Kerouac (1922 – 1969) und Neal Cassady (1926 – 1968)als Inspirator der sogenannten „Beat Generation“, also auch meiner Generation. Ich denke hier besonders an ein Plakat, das die Teilnahme des Poeten, der auch meine Lieblingsmusiker Grateful Dead, Bob Dylan und Leonard Cohen inspiriert hat, im Jahr 1967 in einer Veranstaltung im Avalon Ballroom in San Francisco ankündigt:


Das Plakat zeigt, dass der Jude inzwischen, einer Mode der Zeit folgend, zum Buddhismus "konvertiert" war. Zur Zeit der Entstehung von „Howl“ lebte er aber noch ganz in jüdisch-religiösen Vorstellungen. Besonders die Zeilen, die dem Gott „Moloch“ gewidmet sind, beziehen sich auf das Alte Testament beziehungsweise auf die Thora, wo dieser Gott namentlich siebenmal erwähnt wird. Der alles verschlingende Gott spielt auch eine wichtige Rolle in der dritten Ebene des Films, in der farbige, animierte Bilder gezeigt werden, die auf die Drogenerfahrungen des Autors zurückzugehen scheinen.
Der Film, den ich mit großem Interesse anschaue, macht mir einmal wieder bewusst, wie sehr jüdische Intellektuelle das Denken, Fühlen und Wollen der damaligen Jugend weltweit beeinflussten. Die Beat Generation war die erste, die die traditionellen christlichen Werte, die nicht mehr zu tragen vermochten, radikal in Frage stellte. Das Wort „Beat“ bedeutet „Schlagen“. Insofern kann man den aufkommenden Protest durchaus metaphorisch als ein Schlagen an die Pforten der christlichen Kirchentradition sehen. Nur so ist zu begreifen, dass sich das damals noch christliche Amerika 1957 durch einen Prozess gegen den „neuen Geist“ zu verteidigen versuchte – und unterlag. Die „Freiheit der Kunst“ steht seitdem über den „Geboten“ des Christentums und hat schließlich zu dem Zustand geführt, in dem sich die „permissive Gesellschaft“ heute befindet: „anything goes“.
Daran ist nichts zu kritisieren. Es ist der Gang der Geschichte und dieser hat ebenfalls einen höheren Sinn, auch wenn es nicht jedem gefällt.
Zehn Jahre nach dem „Prozess wegen Obszönität“ feierte die Jugend den „Summer of Love“ und im gleichen Jahr verschärfte sich mit dem Mord an Benno Ohnesorg am 2. Juni der Protest der deutschen Studenten und radikalisierte sich.
Die Hippies von San Francisco und die APO von Berlin waren zwei Seiten der gleichen Medaille. Die Jugendbewegung der Hippies war hauptsächlich inspiriert von Allen Ginsberg, einem jüdischen Poeten, und seinen Freunden, die Studentenbewegung, die sich als Außerparlamentarische Opposition (APO) verstand, von Theodor W. Adorno, Max Horkheimer und Herbert Marcuse, drei jüdischen Denkern aus der sogenannten "Frankfurter Schule".
Dabei wäre das Jahr 1967 die Chance gewesen, die Ideen Rudolf Steiners zur „Dreigliederung des sozialen Organismus“, die er 50 Jahre zuvor, im Jahr 1917, zum ersten Mal formuliert hat, wieder ins Blickfeld zu nehmen und zu diskutieren.
Immerhin hat sich einer der Studentenführer, Rudi Dutschke, auch damit auseinandergesetzt und bisweilen von einem „dritten Weg“ zwischen Kommunismus und Kapitalismus gesprochen.

Im Grunde aber wurde die Chance damals verpasst.

Donnerstag, 9. Februar 2017

Geisteskämpfe

Ohne große Verehrung dringt kein Menschenwesen jemals zur Erkenntnis. Mag jemand einen noch so scharfen Verstand oder eindringende Vernunft besitzen, oder gar dämmerhafte Hellseherkräfte entwickelt haben – zu echter, wahrer Erkenntnis dringt man nicht vor ohne das, was man die große Verehrung nennt. Denn die wahre Erkenntnis können uns nur diejenigen Wesen geben, welche in ihrer Entwickelung der Menschheit weit vorangeeilt sind.
Jeder gibt zu, daß die einzelnen Menschen verschieden weit entwickelt sind. In unserer materialistischen Zeit gesteht man das vielleicht nicht so gerne ein, doch gewisse Unterschiede lassen sich nicht abstreiten. Aber der Meinung sind wohl die meisten, daß ihre Erkenntnis schon die höchste sei. Daß es noch höhere Wesenheiten, über Goethe und Franz von Assisi hinaus, gibt, das wird man nicht so schnell zugeben. Dennoch ist das die Grundbedingung für wirkliche Erkenntnis. Keiner erreicht sie, der nicht diese große Verehrung hat, welche der nivellierenden Anschauung unserer Zeit ganz abhanden gekommen ist.
Rudolf Steiner – GA 96 – Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft – Berlin, 7 Mai 1906 (Seite 55)

Dieses Zitat fand ich heute früh auf der Facebookseite meines amerikanischen Facebookfreundes Bradford Riley. Es stammt aus dem Jahre 1906 und ich kann ihm aus ganzem Herzen zustimmen. 
Es gilt: die Menschen, die nur an das Materielle glauben, wie eben Karl Marx, über den gerade jetzt ein neuer Film in der gestern eröffneten Berlinale gezeigt wird („Der junge Karl Marx“), können bei aller Anmaßung nie zu einer realen Erkenntnis kommen. Das ist eben die „Crux“ der Linken. Das erlebe ich leider auch bei meinen lieben Freunden, die im „linken Denken“ gefangen sind. 
Es ist im Grunde tatsächlich unmöglich mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die in ihren Gedanken materialistisch festgelegt sind. Diesen Eindruck macht mir zur Zeit mein Freund F.. Immerhin war er der einzige, der einen Kommentar zu meinen „Posts“ geschrieben hat, allerdings mit untergründig denunziatorischer Absicht. Er wollte mich aufs Glatteis führen und mich in sein System von „rechts und links“ einordnen. Dabei hat er gar nicht wirklich verstanden, worauf ich hinaus will. Hätte ich ihm geantwortet, wie er wollte, nämlich mit Bradberry zu behaupten, dass das nationalsozialistische Deutschland im Grunde ein „Bollwerk“ gegen den gefährlichen sowjetisch-jüdischen Kommunismus gewesen sei, dann hätte er mich klar als Rechten und Antisemiten, vielleicht sogar als Volksverhetzer „definieren“ können. Ich weiß nicht, ob das seine Absicht war. Aber ich kenne diese Art von billiger Argumentation, auf die ich mich nicht einlassen kann, weil sie unfair ist.
Ich bin ihm nicht böse. 
Sein Karma hat ihn eben nicht zu Rudolf Steiner geführt wie mich, sondern zu dem jüdischen Philosophen Ernst Bloch, der die Anthroposophen als einen „Chor von tausend Narren“ bezeichnete. Mit diesem Vorurteil leben jene Linken, die das blochsche „Prinzip Hoffnung“ verinnerlicht haben. Nun lebt F. in einer Stadt, die ein „Ernst-Bloch-Zentrum“ unterhält, also in der Geburtsstadt des Philosophen: in Ludwigshafen. Wenn wir also „aneinandergeraten“, dann findet hinter den Kulissen eine Art „Geisteskampf“ zwischen zwei sich widersprechenden Strömungen statt: der marxistisch-materialistischen und der anthroposophisch-geisteswissenschaftlichen. Wir sind also eigentlich nur Repräsentanten, um nicht zu sagen, „Werkzeuge“ dieser Strömungen.
Das Wort „Bollwerk“ kenne ich noch aus einem anderen Zusammenhang. Vor langer Zeit habe ich einmal gelesen, dass Sigmund Freud gesagt hätte, dass er die Psychoanalyse als ein „Bollwerk gegen den Okkultismus“ geschaffen habe. Und mit Okkultismus meinte der Zeitgenosse Rudolf Steiners die Theosophie beziehungsweise die Anthroposophie.

Nun ist es so, dass ich in eine Stadt gezogen bin, die offenbar unter dem Schutz eines jener „fortgeschrittenen“ Wesen steht. Ich meine den Erzengel Michael, den „Verwalter der kosmischen Intelligenz“. Er war auch einmal der Volksgeist des vorchristlichen hebräischen Volkes, als es noch auf den Messias gewartet hat. Heute ist Michael nicht nur Zeitgeist, sondern nach wie vor Volksgeist des deutschen Volkes, auch wenn das niemand mehr ernst zu nehmen scheint (außer vielleicht einigen Anthroposophen). Nur vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, kritisch über „die Juden“ zu sprechen, wie ich es tue. Dabei versuche ich immer sachlich zu bleiben, auch wenn ich durch die Schilderungen der Gräuel, die Juden im sowjetischen „Reich des Bösen“ (Ronald Reagan) angerichtet haben, schon sehr betroffen bin. Vor allem empört mich der grausame Mord an der Zarenfamilie in Jekaterinenburg. Das ist etwas, was kaum „verziehen“ werden kann. Aber auch die vielen Millionen Kosaken, Kulaken, Künstler und Intellektuelle, die die jüdischen Kommunisten auf barbarische Weise ermordeten, schreien bis heute zum Himmel, auch wenn es in Moskau kein Denkmal für sie gibt. Bradberry sagt richtig: das „alte Russland“ der Dichter Puschkin, Tolstoj und Tschechov gab es nach den „Säuberungen“ der Leninisten-Marxisten nicht mehr. 
Dass es bis heute noch Menschen gibt, die das sowjetische System rechtfertigen und den Kommunismus für eine heilsbringende Alternative zu unserer Gesellschaft halten, kann ich nur deren Unkenntnis über den „real existierenden Kommunismus“ zuschreiben.

Mittwoch, 8. Februar 2017

1917 - Gedanken zu drei bevorstehenden Jubiläen

Gestern ist endlich das Buch angekommen, über das ich in meinem Weblog bereits geschrieben habe: "The Myth of German Vilainy“ von dem Amerikaner Benton L. Bradberry. Ich habe die ersten 110 Seiten  des erst im Jahr 2015 im Verlag „Author House“ publizierten Buches gestern Abend noch gelesen und nun zum dritten Mal aus einer weiteren Quelle[1] erfahren, welche entscheidende Rolle einflussreiche jüdische Persönlichkeiten beim Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg 1917 gespielt haben. Wieso sollte ich jetzt diese Tatsache noch länger bezweifeln, auch wenn sie womöglich in „rechtsnationalen“ Kreisen schon längst bekannt ist?
Auch ich bin bisher durch die politische Propaganda, die ein vollkommen einseitiges Geschichtsbild verbreitet, getäuscht worden. Bradberry spricht sogar von Gehirnwäsche und Konditionierung. 
Vor 100 Jahren, also im Schlüssel-Jahr 1917, traten nicht nur die USA in den Weltkrieg ein, sondern damals fand auch die kommunistische „Revolution“ in Russland statt. Dass die führenden Bolschewiken Juden waren, erfuhr ich vor etwa einem Jahr zum ersten Mal über die Homepage von David Duke, der sich auf Alexander Solschenizyns bis heute verschwiegenes zweibändiges Werk „200 Jahre zusammen -über das Zusammenleben von Juden und Russen in Russland und die Rolle der Juden in der jüngeren russischen Geschichte“ aus dem Jahre 2003 bezog. Etwas später konnte ich die Zusammenhänge genauer in dem Buch „‘Jüdischer Bolschwismus‘ – Mythos oder Realität“ von Johannes Rogalla von Bieberstein aus dem Jahr 2003 studieren und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Auch über die tatsächlichen Verhältnisse dieser mörderischen Revolution schreibt Bradberry und schildert dabei Grausamkeiten, die mir den Schlaf rauben. Das eigentliche Übel ist, dass es sich um Grausamkeiten handelt, die von jüdischen Mitgliedern des sowjetischen Geheimdienstes Cheka angeordnet und begangen wurden, lange bevor Hitler und die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Nur weiß das bei uns heute niemand mehr, weil es in den Veröffentlichungen „seriöser“ Historiker nicht thematisiert wird. Dabei muss man nur Zeitungen aus jener Zeit oder Augenzeugenberichte von britischen oder amerikanischen Autoren lesen, die das neue „Utopia“ der marxistischen Ideologie bereisten, aus denen Bradberry wörtlich zitiert. Selbst die Männer, die den Mord an der Zarenfamilie anordneten und auch die Männer, die ihn durchführten, waren Juden, deren Namen in dem Buch von Bradberry angeführt werden. Ich habe kein Interesse, diese Mörder hier noch einmal namentlich zu nennen. Aber jeder, der es wissen möchte, kann das in dem genannten Buch nachlesen. Sogar die Fotos dieser Henker kann er sich anschauen.
Das dritte wichtige Ereignis, das in diesem Jahr zu verzeichnen ist, war die „Balfour-Deklaration“, durch die den Juden nach dem Sieg über das Osmanische Imperium, den Verbündeten Deutschlands, Palästina versprochen wurde.
Dass alle drei Ereignisse eng miteinander zusammenhängen, geht klar aus dem Gedankenspiel hervor, das Bradberry ganz im Stil von Paul Austers neuem Roman „4321“ nach dem Prinzip „was wäre, wenn“ durchführt und das ich hier zitieren möchte, weil ich es als Alternative zu der blutigen Realität ansehe, die leider nicht geworden ist:
„The United States had no reason whatever to enter the war against Germany. Germany had done nothing to the United States and was not a threat to the United States in any way. Moreover, German-Americans along with British-Americans constituted the very core of the American culture. The United States had only good relations with Germany, and American citizens had always looked upon  Germany with warmth and admiration. Though the British anti-German propaganda  campaign conducted in the United States had influenced public opinion, the vast majority of Americans were still opposed to entering the war. That could not be said, however, of America’s ruling elite. America’s ruling elite was strongly Anglophilic (…) America was virtually a vassal state to Great Britain in those days.
These were all factors, but the deciding influence in taking America into the war was the pressure on President Wilson by American Jewish financiers. It was these powerful Jews who had financed Wilson’s political career. Without their financial and media support, he probably would never have become president. These Jews exerted extreme pressure on Wilson to take the United States into the war on the side of Britain to ensure an Allied victory, in exchange for the Balfour Declaration which promised the Jews a homeland in Palestine after the war. (…) Jews controlled most of the large newspapers and they controlled Hollywood, so they had all the means necessary to control American public opinion. The sinking of the Lusitania, the Zimmerman Telegram, etc. were not reasons to go to war, only fabricated pretexts.
The German people had every reason to be outraged over the shameful peace treaty imposed upon them by the victorious powers. The Versailles Treaty was unfair and immoral, and had been imposed by force by the victos upon the vanquished. Germany was forced into signing the hated treaty by a “food” blockade imposed by the British navy, which caused a million Germans to starve to death, and by a thread of military invasion of Germany. Therefore, the imposed treaty had no moral or legal force and Germany was in no way obligated to adhere to the treaty and had every moral right to abandon it as soon as she was militarily able to do so.
Though America’s entry brought a quick end to the carnage, entering the war was actually disastrous in its long term consequences for Western, Christian Civilization. Had America stayed out of it, it is almost certain that the war would have ended in negotiated peace with neither side achieving a victory. There would therefore have been no Versailles Treaty. Germany would not have been dismembered. Germany would have maintained her army intact and would have maintained her peace agreement with Russia (Treaty of Brest-Litovsk). The Czar would likely not have abdicated and the German Empire would have remained intact. Bolshevism would most likely have been nipped in the bud instead of taking control of Russia. The Austro-Hungarian Empire would have remained intact. So, also, would the Ottoman Empire, which would have precluded the creation of the state of Israel and all the negative consequences resulting from that. There would have been no Communist  revolution in Germany, Hungary or Italy. The Spanish Civil War would not have occurred. There would have been no World War II, no Cold War, and Communism would not have taken control of Central and Eastern Europe. A unified Europe, not unlike the European Union of today, ecept much larger and much more prosperious, would almost certainly have formed with Germany as its dominant member. In short, Europe would have stabilized and become a dynamic economic power in the world.”
Bradberry stellt am Schluss fest:
„America’s entry into the war was perhaps the greatest disaster in European history in its unintended consequences.“ (Benton L. Bradberry, The Myth of German villainy”, S 42 ff)

Dass im Jahr 1917 auch die königliche Familie von Großbritannien aus opportunistischen Gründen ihre deutsche dynastische Herkunft (Sachsen-Gotha) durch die Bezeichnung „Windsor“ (nach dem gleichnamigen britischen Königssitz) verschleierte, sei nur als eine Randnotiz der Geschichte vermerkt.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/6d/A_Good_Riddance_-_George_V_of_the_United_Kingdom_cartoon_in_Punch%2C_1917.png/800px-A_Good_Riddance_-_George_V_of_the_United_Kingdom_cartoon_in_Punch%2C_1917.png
Leider ist auch die Initiative Rudolf Steiners, die Herrscherdynastien von Preußen und Habsburg nach dem Untergang ihrer Monarchien auf die Möglichkeit einer neuen dreigegliederten Gesellschaftsordnung  durch das 1917 publizierte Buch „Die Kernpunkte der sozialen Frage“ hinzuweisen, eine Randnotiz der Geschichte geblieben.

Dieser Same harrt aber noch seines Aufgehens in einer nahen oder fernen Zukunft.




[1] Die Rede von Benjamin Freedman 1961 im New Yorker Willard-Hotel war meine erste Bekanntschaft mit diesem Hintergrundwissen. Zum zweiten Mal las ich darüber mit Nennung der entscheidenden Namen in Wolfgang Eggerts „Israels Geheimvatikan“ (2001).

Montag, 6. Februar 2017

"Götterdämmerung"

Es könnte einem direkt Angst und bange werden, wenn man versucht, sich die wahren Motive des derzeitigen amerikanischen Präsidenten zu vergegenwärtigen. 

Eben las ich in der online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung ein Dossier von Hubert Wetzel mit dem Titel „Das schwarze Haus“ über den Trump-Berater Steve Bannon. Dieser ehemalige Goldman-Sachs-Banker und Filmproduzent  scheint nicht dumm zu sein. Er glaubt an einen Zyklus von 80 Jahren in der amerikanischen Geschichte, die immer mit einem „turning“ endet, einer Krise, die einen „Wendepunkt“ bedeutet. Leider gibt Wetzel nicht an, wie die Historiker heißen, die Ende der 90er diese Theorie verbreitet haben. 
Bannon glaubt, dass wir gegenwärtig in einem „turning“ leben und er scheint die Krise bewusst nutzen zu wollen, um die alte Ordnung zu zerschlagen. 
Da stehen in dem Artikel zum Abschluss Zeilen wie diese:

"Er glaubt fest an diese Theorie", sagt der Historiker David Kaiser, mit dem Bannon für seinen Film "Generation Zero" lange gesprochen hat. "Und mehr noch: Bannon glaubt nicht nur, dass die alte Ordnung zusammenbrechen wird. Er hat auch die Absicht, sie selbst möglichst schnell ins Grab zu befördern."
Was Kaiser bei dem Gespräch am meisten beunruhigt hat, war Bannons Beharren darauf, dass die alte Ordnung in einem großen Krieg untergehen müsse. "Er hat mich immer wieder gedrängt, das vor der Kamera zu sagen", sagt Kaiser heute. "Es schien mir nicht so, dass er sich diesen Krieg wünscht. Aber er erwartet ihn, und er würde ihn als eine geschichtliche Notwendigkeit hinnehmen."
Ein Mann, der so denkt, ist nun also der wichtigste Berater des amerikanischen Präsidenten. "Mir macht das Angst", sagt Kaiser, der Europas blutige Geschichte studiert hat und sich auskennt mit den Diktatoren dort und deren Einflüsterern. "Für Leute, die so denken, ist die Verhinderung von Kriegen nicht die erste Priorität. Und es sollte niemand im Weißen Haus sitzen, der sich nicht dazu verpflichtet fühlt, den Frieden zu wahren."
Und auch in Washingtons scheint sich diese Einsicht breitzumachen. Wie sagte es der Mann, der beim Alfalfa-Dinner mit Ivanka Trump und dem launigen Mike Pence feiern durfte? Nett war es und auch friedlich. Aber über allem sei dieses Gefühl gewabert: "Wie ist das deutsche Wort? Goterdamerung!"

Also: da sitzt im Weißen Haus ein Präsidentenberater, der ganz bewusst auf die Endschlacht, das Armaggedon aus der Apokalypse des Johannes hinarbeitet, von dem die einflussreichen Evangelikalen des amerikanischen Bible-Belt schon lange reden und schreiben. Diese apokalyptisch-messianischen Fanatiker  sind überzeugt, dass die Menschheit derzeit eine Krise durchläuft, an deren Ende die Wiederkunft Christi stehen wird. Das entspricht der jüdischen Hoffnung auf das Erscheinen des Messias und auch dem Glauben der schiitischen Moslems an das Erscheinen des letzten Imam.
Dabei ist interessant, dass der neue US-Präsident, dessen Name ein wenig (sehr) nach Trumpet (Trompete) klingt, schon bei einer Versammlung der mächtigen jüdischen Lobbyorganisation AJPAC im März 2016 verkündet hat, dass er als eine seiner ersten Amts-Handlungen als Präsident den „Iran-Deal“ aufkündigen wird. Nachdem dieser Verbündete Russlands und Chinas vor kurzem eine Mittelstreckenrakete gezündet hat, will nun Trump wieder Sanktionen gegen das Land einführen. Auch Israel, neben Großbritannien der einzige noch verbliebene Verbündete der „Trompete im Weißen Haus“, wird inzwischen nervös, wie ich der „Times of Israel“ vom 5. Februar entnehme:

Mojtaba Zonour, a member of Iran’s National Security and Foreign Policy Commission and a former Islamic Revolution Guards Corps official, boasted an Iranian missile could hit Tel Aviv in under seven minutes, the semi-official Fars News Agency reported.
Zonour said Tehran would strike the Israeli coastal city and “raze to the ground” a US military base in Bahrain “if the enemy makes a mistake.”
“And only seven minutes is needed for the Iranian missile to hit Tel Aviv,” he added.
Zonour’s comments came during a Revolutionary Guard military exercise aimed at testing its missile and radar systems. The exercise was taking place in a 35,000-square-kilometer (13,515-square-mile) area in Semnan province in northern Iran.
The Saturday exercise came a day after US President Donald Trump’s administration imposed sanctions on Iran in response to a recent missile test. The sanctions target more than two dozen people and companies from the Persian Gulf to China.[1]
Wir müssen wie Jericho, die älteste Stadt, die vom reinen Trompetenklang der Belagerer zerstört wurde, wirklich mit dem Schlimmsten rechnen. Vieles deutet auf den "Untergang des Alten" (Ministerpräsident Netanjahu kurz vor der Amtseinführung Donald Trumps zur Begründung eines neuerlichen Siedlungsausbaus im Westjordanland) hin, um etwas Neues zu schaffen. 

Was wird danach kommen?

Donnerstag, 2. Februar 2017

Regionalität statt "Weltmarkt" - zum Zweiten Hohenloher Bauerntag an Mariä Lichtmess


Gestern waren meine Freundin und ich in Wolpertshausen beim „Zweiten Hohenloher Bauerntag an Lichtmess“.
Die Mehrzweckhalle war in beiden Sälen mit etwa 1200 Menschen voll besetzt. Die meisten waren tatsächlich Bauern, wie ich an den interessanten, von Wind und Wetter und der fruchtbaren Hohenloher Landschaft geprägten Physiognomien ablesen konnte. Am liebsten hätte ich von all diesen bäuerlichen Ureinwohnern ein Foto gemacht, so interessant waren ihre individuellen Gesichter.
Gleichsam „angelockt“ hatte Rudolf Bühler diese Menschen mit der Ankündigung freien Essens („Bauernschmaus“) und Trinkens. 
Und tatsächlich: der streng durchorganisierte Nachmittag – die Veranstaltung begann um 13.30 Uhr und endete gegen 17.30 Uhr – war gegliedert durch Pausen, in denen eine Schar von Dirndl tragenden Frauen verschiedene Speisen und Getränke servierte: Zuerst Maultaschen mit Kartoffelsalat, dann Hefezopf mit Kaffee und schließlich noch ein Bauernvesper mit Dosenwurst und Schwarzbrot – und das alles „auf Kosten des Hauses“!


So blickte ich nur in zufriedene Gesichter, obwohl die sechs Vorträge, die an diesem Nachmittag gehalten wurden, wenn man sie wirklich aufnahm, die Kraft hatten, die Gedankengebäude unserer gewohnten Anschauungen zu erschüttern. Im Sinne des Mottos des Bauerntages, „Gemeinsam Zukunft gestalten“ waren sie geradezu „revolutionär“.
Zuerst sprach Bauernpfarrer im Ruhestand Willi Mönikheim über die alttestamentarische Erzählung vom „Turmbau zu Babel“. Mit seiner vorwiegend im Hohenloher Dialekt gehaltenen Andacht stimmte er gleich am Anfang auf die Landschaft ein, in der wir uns befanden. Ich hatte den Eindruck, dass in Wolpertshausen vor etwa 30 Jahren ein Projekt begonnen hatte, das wie ein Gegenbild zum Turmbau zu Babel gelesen werden kann: die Schaffung der „Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft“.
Nach der Ansprache von Rudolf Bühler, der auch die ganze Veranstaltung moderierte, folgte die kraftvolle Rede von Hubert Weiger. Der Präsident des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) war der erste, der die verfehlte Landwirtschaftspolitik des Deutschen Bauernverbandes anklagte, die durch die Orientierung der Erzeugerpreise am „Weltmarkt“ geradezu zum Untergang der vielen kleineren bäuerlichen Betriebe beigetragen habe und nur die großen überleben lasse. Er prangerte an, dass die Bauern, die auf ihre „Ratgeber“ hörten, obwohl sie traditionell Bewahrer und Pfleger der Natur sind, heute eher als Umweltsünder betrachtet werden müssten, die die Böden, das Wasser und die Luft vergiften und die Tiere ausbeuten würden.
Mir gefielen die deutlichen Worte und mich überzeugten die Argumente des obersten „Bosses“ meines Schwagers Gottfried, der sich als Geschäftsführer des BUNDs Unterfranken der Zerstörung der Natur beruflich täglich entgegensetzt. Ob die Vertreter des Bauernverbandes, die wie ich später erfuhr, ebenfalls gekommen waren, genau so begeistert von der Rede waren, bezweifle ich.
Noch weniger begeistert dürften sie von der gewohnt kämpferischen Rede von Rezzo Schlauch gewesen sein, der sich direkt an sie wandte und kein gutes Haar an der Politik der Bauernverbände ließ. Er deckte auf, dass der Bauernverband eher auf die agrarindustriellen Großkonzerne hören  und in Brüssel nicht die Bauern selbst vertreten würde. So kämen 80 Prozent der landwirtschaftlichen, an die Fläche gebundenen Subventionen der EU nicht den hart und ehrlich arbeitenden kleinen und mittelgroßen Bauern zu, sondern den Agrarriesen, die bäuerliches Land kauften und für überhöhte Preise verpachteten.
Am besten gefiel mir aber die kurze Ansprache von Fritz Vogt, dem „Bankdirektor i.R.“, die eher leise war, aber die Sache auf den Punkt brachte: Er erinnerte an die Tatsache, dass in älteren Zeiten an Mariä Lichtmess das Personal den Dienstherren wechselte und rief die versammelten Bauern dazu auf, auch ihren Dienstherrn zu wechseln. Der alte Dienstherr sei das Kapital, dem wir uns alle unterworfen hätten. Das Kapital, so sagte er kurz und bündig, sei aber gleichzusetzen mit dem Tod, denn es zerstöre unseren Planeten. Der neue Dienstherr könne nur das Leben sein. Und der Landwirt und ehemalige Leiter der kleinsten Bank Deutschlands, der Raiffeisen-Sparkasse von Gammesfeld, der durch den Film „Schotter wie Heu“ berühmt geworden ist, rief die versammelten Bauern auf, als erstes auf alle Subventionen zu verzichten.



Zum Abschluss ging ich mit meiner Freundin vor, um mich bei Rudolf Bühler, dem Pionier einer neuen bäuerlichen Zukunft für die Veranstaltung und das Essen persönlich zu bedanken. Er fragte mich lächelnd, ob ich auch ein Bauer sei, und ich antwortete: „Ja, im Herzen!“

Mittwoch, 1. Februar 2017

"Unumstrittene Fakten"?

Wenn ein guter alter Freund und Gewerkschafter  in seiner Kritik meines Posts "Nahe am Mysterium des Bösen" von „historisch so unumstrittenen Fakten“ spricht, die ich immer wieder in Frage stelle, dann erlebe ich, wie weit wir inzwischen auseinander liegen. Er „glaubt“ tatsächlich noch an die „fable convenu“ der Geschichtsschreibung, an der ich bereits seit langem zweifle.
Aber wie kann man einen „Gläubigen“ überzeugen?

Ich schätze einmal: gar nicht.

Die Linksliberalen, zu denen ich lange auch gehörte, brauchen ihr Weltbild gleichsam als letzten Glaubensinhalt. Ohne diesen würde ihr Konstrukt zusammenbrechen.

Es war schon ein harter Schlag, als die linken Intellektuellen nicht mehr an die Segnungen des Kommunismus glauben konnten, zuerst, nachdem sie in den 50-er Jahren erfahren hatten, dass Josef Stalin wegen der GULAGS, die er in den 30-er Jahren eingerichtet hatte, nicht viel besser als Hitler war, dann, als das Sowjetreich im Jahre 1991 zusammenbrach.
Ein schönes Beispiel dafür ist der französische Schauspieler und Sänger Yves Montand (1921 – 1991), dessen politische Einstellung mir durch das Porträt, das Arte am 15. Januar 2017, unmittelbar im Anschluss an den Film „I wie Ikarus“ ausstrahlte („Yves Montand – Charme, Chanson und Schauspiel“ von Karl Zero und Daisy d’Errata, Frankreich 2015), deutlich wurde: er war lange Zeit, genau wie seine Ehefrau, die Schauspielerin Simone Signoret, überzeugter Kommunist. Er starb im gleichen Jahr, in dem auch das kommunistische Modell „starb“.
Im Augenblick schießen sich die Linksliberalen gegen einen neuen Feind ein: Sie reagieren geradezu hysterisch auf die Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Dazu las ich gerade einen gescheiten Kommentar von Ken Jebsen, den er gestern veröffentlicht hat. Ich zitiere nur eine Passage:

„Donald Trump hat per Dekret sieben muslimischen Staaten bzw. deren Bürgern für 90 Tage die Einreise in die USA verboten und die Medienwelt regt sich auf.
Wer sind die Länder um die es geht? Was ist das eigentliche Ziel der Aktion und warum ist die Empörung mehr als bigott?
Nun, betroffen sind der Irak, Syrien, Sudan, Jemen, Somalia, Libyen und der Iran. Unter diesen sieben Staaten geht es den USA vor allem um den Iran. Der Iran wird nach Obama wieder als alter Erzfeind aktiviert und anvisiert. Ein vor Jahren beschlossener und unter Obama nur verschobener Krieg muss her. Dahinter steckt die Israel-Lobby in den USA und die israelische Machtclique um Benjamin Netanjahu.
Wer Bibi´s Twitter Account verfolgt, konnte es in Echtzeit verfolgen. Während Europa Trump ´s Politik als rassistisch geißelt, wird sie vom israelischen Staatschef in aller Öffentlichkeit gefeiert. So schrieb Netanjahu über dessen Pläne die Mauer zu Mexico auszubauen:
„President Trump is right. I built a wall along Israel’s southern border. It stopped all illegal immigration. Great success. Great idea“[1]
Wieder einmal wird mit zweierlei Maß gemessen.

Einer, der die Demonstrationen gegen den demokratisch gewählten Präsidenten befürwortet (und vermutlich auch finanziert) ist der jüdische  Börsenspekulant George Soros, 1930 als György Schwartz in Budapest geboren, der mit seiner 1993 gegründeten „Open Society Foundation“ und ihren Ablegern bereits andere „farbige“ Revolutionen (finanziell) unterstützt hat.
Wieder einmal erlebt die Menschheit, wie das alte dialektische Prinzip des „Divide et Impera“ (Teile und herrsche) aus dem „Hintergrund“ vorangetrieben wird. Hinter den Bestrebungen, die Gesellschaften zu spalten, steckt immer die gleiche verborgene Gruppe von Menschen, von denen Rudolf Steiner in seinen Vorträgen aus den Jahren 1916/17 in den „Zeitgeschichtlichen Betrachtungen“ (GA 173 a, vierte kommentierte Auflage, 2010) spricht.

Gestern las ich den dritten Vortrag vom 10. Dezember 1916, in dem Rudolf Steiner ausführlich auf den Roman „Himmelfahrt“ des Schriftstellers Hermann Bahr (1963 – 1934)[2] eingeht und längere Passagen aus ihm zitiert.  
Die Hauptfigur des Romans heißt Franz. Rudolf Steiner zitiert am 10. Dezember 1916  unter anderen folgende Stelle aus dem im Jahr 1916 erschienen Werk:

„Lebten nicht in allen Zeiten einsame verborgene weise Männer, der Welt abgewendet, einander durch geheime Zeichen verbunden, im Stillen wunderbar wirkend mit einer fast magischen Kraft, in einer höheren Region über den Völkern, über den Bekenntnissen, im Grenzenlosen, im Raum einer reineren, Gott näheren Menschlichkeit? Gab es nicht auch heute noch, überall in der Welt zerstreut und versteckt eine Ritterschaft des Heiligen Grals? Gab es nicht Jünger einer vielleicht unsichtbaren, nicht zu betretenden, bloß empfundenen, aber überall wirkenden, alles beherrschenden, Schicksal bestimmenden weißen Loge? Gab es nicht immer auf Erden eine sozusagen anonyme Gemeinschaft der Heiligen, die einander nicht kennen, nichts voneinander wissen und doch aufeinander, ja miteinander wirken, bloß durch die Strahlen ihrer Gebete? Schon in seiner theosophischen Zeit hatten ihn (Franz) solche Gedanken viel beschäftigt, aber er hatte offenbar immer nur falsche Theosophen kennengelernt, vielleicht ließen sich die wahren nicht kennenlernen. Und plötzlich fiel ihm ein, ob nicht vielleicht der Domherr einer von diesen wahren Meistern wäre, von den verborgenen geistigen Weltregenten, von den geheimen Hütern des Grals?“

In anderen Vorträgen spricht Rudolf Steiner sehr positiv von der „Weißen Loge“. Ihre verborgenen Mitglieder würden im Sinne des regulären Menschheitsfortschrittes arbeiten, während andere „okkulte Bruderschaften“, die er „graue“ oder gar „schwarze“, manchmal auch „von linker Hand“ nennt, gegen den Menschheitsfortschritt arbeiten und nur daran denken würden, ihre eigenen Interessen durchzusetzen.
Damit sind meines Erachtens nach die führenden Persönlichkeiten der „Eliten“ gemeint, die sich allerdings nicht in die Karten schauen lassen. Das Wort „Eliten“, das seit dem Brexit Konjunktur hat, deutet auf diese „Verbindungen“ hin. Viele vermuten, dass hier im Hintergrund die wirkliche Politik gemacht und an der „Neuen Weltordnung“ gebastelt wird.
Man mag dazu stehen wie man will. Schon allein, dass so viel über solche „antiemanzipatorischen“ Hintergrund-Gemeinschaften gesprochen wird, zeigt, dass es sie geben muss. Allerdings bin ich strikt dagegen, dass man sie dämonisiert. Rudolf Steiner hat über jene Menschen-Gruppen immer sehr sachlich und sehr nüchtern gesprochen.
In dem genannten Vortrag vom 10. Dezember 1916 zitiert er nun Hermann Bahr weiter. Er lässt seine Hauptfigur Franz auf seiner Suche nach den „geheimen Menschheitsführern“ auch zu den Freimaurern (und zu den Jesuiten) gelangen:
Der Domherr, von dem er vermutet, dass er der „Ritterschaft vom Heiligen Gral“ angehört, wird von vielen verehrt, aber auch gefürchtet:

„Das Ansehen, in dem dieser Priester stand, die Scheu, ja Furcht, mit der man von ihm sprach, der Gehorsam, den ihm auch Widerwillige bezeigten, die tiefe Einsamkeit, die ihn umgab, die rätselhafte Macht, Freunden helfen, Feinden schaden zu können, die man ihm nachsagte, wenn er auch lächelnd bedauerte, weder den Dank der Freunde noch den Groll der Feinde zu verdienen – das alles ging doch weit über die Bedeutung, über die Kraft, über die Würde seines Amts, seiner äußeren Stellung, und wenn es die einen mit den „guten Beziehungen, die er halt hat, die anderen gar mit dem Gerücht seiner Abstammung von einem hohen Herrn erklärten, so blieb noch immer die magische Gewalt seines Blickes, seiner Gegenwart, ja seines bloßen Namens unerklärt. Es gab ein Dutzend Domherren in der Stadt; er aber war der Domherr. Wer vom Domherrn sprach, meinte ihn. (…) Er schritt im Zug hinter dem rotprangenden Kardinal, aber alle blickten nur auf ihn. (…) Franz erinnerte sich eines Gesprächs, vor Jahren in Rom, mit einem Engländer, der, nachdem er die ganze Welt durchreist, sich in der Heiligen Stadt niedergelassen hatte, weil er behauptete, nichts Geheimnisvolleres gefunden zu haben als die Monsignori. Wer sie verstehen könnte, hätte den Schlüssel zum Schicksal der Menschheit. Es war ein kluger Mann in reifen Jahren, von guter Familie, reich, unabhängig, Junggeselle und ein richtiger Engländer, nüchtern, praktisch, unsentimental, ganz unmusikalisch, unkünstlerisch, ein derber, vergnügter Sinnenmensch, Angler, Ruderer, Segler, starker Esser, fester Zecher, ein Lebemann, den in seinem Behagen nur eine einzige Leidenschaft störte, die Neugierde, alles zu sehen, alles kennenzulernen, überall einmal gewesen zu sein, eigentlich in keiner anderen Absicht als, um schließlich, von welchem Ort immer man sprach, sagen zu können: O ja! -, das Hotel zu wissen, in dem ihn dort Cook untergebracht, und die Sehenswürdigkeiten, die er aufgesucht, die Menschen von Rang und Ruhm, mit denen er verkehrt hatte. Um bequemer zu reisen und überall Zutritt zu haben, war ihm geraten worden, Freimaurer zu werden.“

Es ist bekannt, dass alle Mitglieder der Eliten in einem Freimaurer- oder in einem freimaurerähnlichen Orden sind. Erst dadurch haben sie, wie Hermann Bahr andeutet, „überall Zutritt“. Ebenso verhält es sich mit den Mitgliedern der „Societas Jesu“. Erst Mitglieder dieses katholischen Ordens haben wirklich „Zutritt“ zu den oberen Rängen. Es ist gewiss kein Zufall, dass mit dem Argentinier Jorge Maria Bergoglio seit 2013 unter dem Namen „Franziskus“ der erste Jesuit als 266. Papst auf dem Thron Petri sitzt.

„(Der Engländer) lobte die Nützlichkeit dieser Verbindung, bis er entdeckt zu haben glaubte, es müsse noch eine ähnliche, doch besser geleitete, mächtigere Verbindung höherer Art geben, der er nun durchaus beitreten wollte, wie er ja, wenn irgendwo noch ein anderer, besserer Cook aufzufinden gewesen wäre, sich natürlich an diesen gewendet hätte. Er ließ sich nicht ausreden, die Welt werde von einer ganz kleinen Gruppe geheimer Führer beherrscht, die sogenannte Geschichte von diesen verborgenen Männern gemacht, die selbst ihren nächsten Dienern unbekannt seien, wie diese wieder den ihren, und er behauptete, den Spuren dieser geheimen Weltregierung, dieser wahren Freimaurerei, von der die andere bloß eine höchst törichte Kopie mit unzulänglichen Mitteln, folgend, ihren Sitz in Rom gefunden zu haben, eben bei den Monsignori, von denen aber freilich auch wieder die meisten ahnungslose Statisten wären, deren Gedränge bloß die vier oder fünf wirklichen Herren der Welt zu verbergen hätte.“

Man muss sich bei der Lektüre dieses Vortrages immer wieder klar machen, dass diese Zeilen im Jahre 1916 von einem Schriftsteller geschrieben wurden, der damals als „Fixpunkt der deutschsprachigen Kulturszene“ galt, also gewiss kein „Verschwörungstheoretiker“ war, der in „abgelegenen kleinen Verlagen“ publizieren musste.
Ich möchte noch das Ende des Zitates abschreiben, das Rudolf Steiner in seinem Vortrag aus dem Roman von Hermann Bahr vorliest:

„Und Franz musste heute noch über die komische Verzweiflung seines Engländers lachen, der nun das Pech hatte, niemals an den richtigen zu kommen, sondern immer wieder bloß an Statisten, aber sich dadurch nicht irremachen ließ, sondern immer nur noch mehr Respekt vor einer so wohlbehüteten, undurchdringlichen Verbindung bekam, in die er schließlich doch noch eingelassen zu werden wettete, und wenn er bis ans Ende seines Lebens in Rom bleiben und wenn er die Kutte nehmen oder etwa gar sich beschneiden lassen müsste, denn da er überall den unsichtbaren Fäden einer über die ganze Welt gesponnenen Macht nachgespürt hatte, war er nicht abgeneigt, auch die Juden sehr zu schätzen, und er sprach gelegentlich stockernst den Verdacht aus, ob vielleicht im letzten innersten Kreis dieses verborgenen Weltgewebes Rabbiner und Monsignori höchst einträchtig beisammen säßen, was ihm übrigens gleichgültig gewesen wäre, wenn sie nur auch ihn mitzaubern ließen.“

Erst wer die Möglichkeit erwägt, dass es solche „Verbindungen“ im Hintergrund gibt, die Einfluss auf die Politik, die Presse und die Medien zu nehmen versuchen, kann in ein fruchtbares Gespräch über die von mir in meinen Blogs angesprochenen Themen eintreten.
Dazu muss man an nichts glauben, sondern einfach nur informiert sein und mit Friedrich Nietzsche den Satz für zutreffend halten: „Wer sich tief weiß, bemüht sich um Klarheit. Wer der Menge tief scheinen möchte, bemüht sich um die Dunkelheit.“




[2] Über den österreichischen Schriftsteller und Literaturkritiker gibt es einen langen Eintrag auf Wikipedia, in dem unter anderem auch folgender Satz steht: „Spätestens mit seinem fünfzigsten Geburtstag im Juli 1913 war Bahr ein Fixpunkt in der deutschsprachigen Kulturszene.“